michael lissek

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  texte

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michael lissek hat texte zum feature geschrieben und publiziert. auch zum radio-essay. und über sex und pornographie.

der reihe nach.


2006
der autor als umschalter und transformator. oder: das material spielt seine heiteren spielchen. über einige erzählstrategien des akustischen radio-features. (pdf)

"Ich erfinde nicht, ich finde. Ich erzähle nicht, ich lasse erzählen. Ich bin nicht der, der vorschreibt, ich bin der, der abschreibt. (...) Feature ist Dienst am Material – und nicht seine Instrumentalisierung. Was den Featureautor meines Erachtens vom Radiojournalisten, der auf Information aus ist, unterscheidet, ist, seinen Tönen (und damit der Welt) zu ihrer Emanzipation zu verhelfen. Eine rechtschaffener Beruf: Hebamme des Klangs zu sein, finde ich."



2010
von der notwendigkeit eines featurediskurses. oder: feature und zimtbasilikum. (pdf)


"Das Feature ist ein Genre der Achtsamkeit und der NUANCE. Es arbeitet – wenn man so will – in den Zwischenräumen der Information. „Etwas ist da, unüberhörbar, eigensinnig, was jenseits der Bedeutung der Wörter liegt“... (Roland Barthes) Das Feature führt Gespräche, keine Interviews, um an Originaltöne zu kommen; es verwendet – seit es das kann – Mikrofone mit hoher Sensibilität und in minimalem Abstand zur Klangquelle und bringt damit nicht nur Stimmen, sondern gleich ganze Körper zum Klingen; es beinhaltet andere Schnitte als die journalistischen Formate. Und Versprecher, sprachliche Devianzen, dialektalen Färbungen bleiben als Authentizitäts- und Wesensmerkmale im verwendeten Tonmaterial hörbar."



2010
subtile jagden. einiges über sounds und etwas mehr. detailbeobachtung zum akustischen werk thomas heises. (pdf)

"Die (im besten Fall) hervorragende Aufnahme originaler Stimmen dient dem narrativen (und zuerst einmal: bildlosen) Genre "Feature" dazu, den Körper des Sprechenden in den Blick zu bekommen. Feature-Aufnahmetechnik sucht gemeinhin, neben der Information, auch den Subtext des gesprochenen Wortes einzufangen. Sprechweisen, Verzögerungen, dialektale Färbungen, frei nach Roland Barthes "le grain de la voix“: All das sagt uns, wer uns da gegenübersitzt. (...) Sie ist – in ihren gelungensten Momenten – eine Evokation des Anderen. Der Originalton (im Feature) ist also weniger ein erkennungsdienstlicher Vorgang (wie uns die Info-Radios diese Welt glauben machen wollen), als vielmehr ein ästhetisches, vielleicht auch: poetisches Verfahren. Die Verwendung und Anordnung personaler akustischer Existenzzeichen (vulgo: des O-Tons) ermöglicht eine größtmögliche Konvergenz zweier inkompatibel erscheinenden Modi: Repräsentation und Alterität: Die aufgenommene Person erhält eine Repräsentanz in den akustische Signalen – bleibt (sich) aber fremd, und sie bleibt (erst einmal) leer. Die Person ist dieser Klang, und sie ist es (selbstverständlich) nicht: Différance statt Identität. Der Originalton ist eine akustische Variable, die zu lesen (im Sinne des Auf-lesens, Einsammelns) oder zu füllen (im Sinne des Inter-Pretierens) dem Zuhörenden obliegt. Ein Angebot, das nicht wahrgenommen werden muss: Große Freiheit."



2011
mein ziel aber wäre das schweigen. "fremd im elsaß" von kaye mortley. (pdf)


"Ich liebe Mortley, wie man Bach oder The Notwist lieben kann oder Beckett oder Hans Jürgen von der Wense; Cy Twombly oder Roland Barthes oder Andres Iniesta. All das liebt man nicht konkret und schon gar nicht personal (man mag keinen der Genannten unbedingt kennenlernen oder kennengelernt haben) – sondern dafür, daß man mit diesen NAMEN (Notwist, Iniesta, Beckett, Bach) etwas verbindet, das sich der exakten Bezeichnung entzöge: Eine FARBE, ein TON, eine BEWEGUNG, eine STIMME, ein RAUM, der wiederkennbar ist und in den man sich begeben kann, wenn die Welt uns mitspielt. Was man da liebt, ist eine HANDSCHRIFT. Und der Name (Notwist, Beckett, Iniesta) ist so etwas wie: EIN WARMER CODE. „Klopstock!“, wie Lotte es sagt."



2011
elisabeth putz: die hochzeit. kurzrezension. (pdf)


"Wenn man mit den Redakteuren de ARD-Featureredaktionen spricht, erfährt man (wenn man fragt), daß es eher selten sei, daß junge AutorInnen ihre eigenen RegisseurInnen sind. Gegen diese Personalunion spreche (so hört man) oftmals mangelndes Rhythmusgefühl, fehlende Erfahrung in der Schauspielerführung, fehlende Musikkenntnisse, freudige Fehl-Verwendung akustischer Klischees usw. Die Folge dieser raren Doppel-Begabung (setzen wir einmal die Einfach-Begabung zur Autorenschaft, also Rercherchevermögen, Themenfindung, Schreibfreude usw. voraus): Viele, vielleicht die meisten Features (zumal junger AutorInnen) sind in Ton gesetzte Texte, sind nicht vom Akustischen her gedacht und klingen, trotz oder wegen der akustischen Aufhübschung durch Regisseure, trotz Britzeln, Bratzeln und Wumms im Hintergrund, trotz schöner Stimmen, die Texte rezitieren: nach dem Rascheln von Papier. Keine vorgängige Klang-Idee zu haben, heißt im Feature, hölzern zu schreiben. Ein Genre, das wesentlich auf Töne setzt, braucht beim Setzen der Töne (und schon bei den Aufnahmen) ein akustisches Konzept, ein Gefühl für Rhythmus und Atem des (aufzunehmenden; aufgenom- menen) Materials. Und vielleicht: Musikkenntnisse. Oder zumindest: ein Gespür für und von Musikalität."


2012
peter leonhard braun. hyänen. kurzrezension. (pdf)


"Was Braun da narrativ mit Tönen macht, welche Macht er sie entwickeln läßt, ge- rade weil das Bild dazu fehlt: Das ist stark und auch heute noch beeindruckende Radioarbeit. Aber es bleibt festzustellen, daß historisch gesehen aus diesen Braun- Features (und ihrer Faszinationskraft) eine deutsche Feature-Schule hervorgegan- gen ist, die auf das Gefühl, den Effekt, die Überrumpelung setzt – sehr viel mehr als auf Reflexion, Feingeist, die Eröffnung von Möglichkeiten oder das akustisches Spiel mit Subtexten. Das deutschsprachige Feature (das seinen Ursprung in der von Braun geleiteten Featureredaktion des SFB fand) ist ein gewünscht rabiates und direktes, und eher dem Boulevard ("Fühlen, was geschieht") als dem Feuilleton ("Verstehen, was geschieht") zugeordnet."


2012
"etwas ist da, unüberhörbar eigensinnig, was jenseits der bedeutung der wörter liegt." geschichte und ästhetik des radiofeatures. vorträge des rendsburger feature-symposiums 2011.

ästhetik



2015
ach - ach. mensch maschine sex. (pdf)


"Porno verhält sich zum Sex wie die mp3-Datei zur Musik.Mp3 bildet Musik ab, wie der Porno den Sex abbildet: unter der Maßgabe wesentlicher Verluste. Mp3 lässt in der Musik weg, was das menschliche Ohr (angeblich ohnehin) nicht hört. Porno lässt vom Sex weg, was das menschliche Auge nicht sieht."


2019
radio und hörsaal. über den SWR2 radio-essay. vortrag. (pdf)

"Wer von der Universität zum Radio geht, muss, wohl oder übel, eine neue Sprache lernen. Eine andere Sprache als die, die an der Universität gesprochen und geschrieben, sagen wir ruhig: GEPFLEGT wird. Der muss eine Übersetzungsleistung vornehmen: Die bisherige Sprache, das bisherige Schreiben über-setzen ins Radio. Wie schreiben Akademiker? Nun, ich hoffe, Sie verzeihen mir diese kleine verallgemeinernde Grobheit, oder um es akademisch zu sagen: Diese kleine Sottise: Sofern Akademiker an einer deutschen Universität ausgebildet wurden und dort geschrieben und gesprochen haben, haben sie aller Wahrscheinlichkeit nach schwer verständlich geschrieben und gesprochen. Leichtverständlichkeit wird an deutschen Universitäten für Dünnbrett gehalten und, seltsamerweise selbst in den Geisteswissenschaften, davon ausgegangen, dass es in Texten um Gedanken – nicht um Formulierungen gehe."


2019
der radio-essay als akustische welterschießungs-maschine. oder: das radio ist ein poetischer apparat. (pdf)

"Kennen Sie Peter Leonhard Braun? Alfred Treiber? Kaye Mortley? Rene Farabet? Jad Abumrad? Walter Filz? Paul Plamper? allesamt Autor*nnen, die an einer neuen Ästhetik des Radios arbeite(te)n, die die Schreibweise der Rundfunktexturen zu verändern und in völig neue Bahnen zu lenken versuch(t)en. - Nein, Sie kennen Sie vermutlich nicht.  Weil, seien wir ehrlich: Für's Radio interessiert sich, von ein paar Nerds mal abgesehen, eigentlich kaum wer."

2019
die zukunft einer illusion. 20 anmerkungen zum radiofeature. peter leonhard braun zum 90ten. (pdf)

"Braun glaubt an das Radio wie an eine Sprache, die niemand mehr spricht. Braun ist, neben der Autorität, derer er sich ständig versichern muss, ein Träumer."


2020
das o-tonlose radio-feature. text für deutschlandfunk "featureantenne" (pdf)

"Das Radio, das darf man nicht vergessen, ist immer auch ein Medium der MACHT – selbst in demokratischsten Zeiten. Im Radio darf nicht jeder sprechen. Im Radio muss man sprechen, wie man im Radio eben spricht. Wer das nicht kann, bleibt draußen. Wer im Radio spricht, ist Repräsentant des Radios. Er ist eine „Radiostimme“. Was in den Jahren 1968 ff so sexy am Einzug des Originaltons ins Feature war (und wogegen sich, wenn man den Geschichten der Beteiligten Glauben schenkt, die Sender anfangs mit Händen und Füßen und Ohren sträubten), war die Injektion der – um’s mit Foucault zu sagen – „infamen“ Stimme. Derjenigen, die nicht dafür ausgebildet war, im Radio zu sprechen."








"...du stehst da auf dem wochenmarkt mit mikrophon und kopfhörern, „geräusche aufnehmen“... weit hast Du es gebracht... zu so einem blödsinn hast du abitur gemacht?? jahrelang habe ich mit dir schulaufgaben gepaukt, damit aus dir etwas tüchtiges wird. und dann sowas!"

mutter von helmut kopetzky in einem brief an den sohn




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